Es ist heiß in der kleinen Küche des Wacker-Ristorantes. Während der Kalbsbraten unter den Augen der konzentrierten Kochkollegen auf der Herdplatte brät, kommt Abate Abebe Sheferawe kein bisschen ins Schwitzen: „Ich merke das gar nicht.“ Der Äthiopier hat den Anstoß für das Wohltätigkeitsdinner der „Spitzenköche für Afrika“ gegeben. Zwar geht es hektisch zu, doch wissen alle genau, was sie zu tun haben.
„Köche können sich in der kleinsten Küche arrangieren“, sagt Salvatore Stabilito. Der Italiener kann wegen einer Rippenprellung nur eingeschränkt mitwirken, hat dafür seinen Sohn Fabricio, angehender Koch, mitgebracht, der ihn vertritt. Der vierte Koch im Bunde, Kevin Kohlhardt, ist begeistert und wie Inhaberpaar Verde stolz, dass Sheferawe das Wacker-Ristorante gewählt hat: „Es ist toll zu erleben, wie ein Spitzenkoch wie Mike Süsser Zwiebeln schält und Abi Töpfe spült“, sagt der Wacker-Koch.
Während die vier Köche mit ihren fünf Helfern Maria, Ronaldo, Jackson, Lauro und Alessandro ein Fünf-Gänge-Menü der Spitzenklasse liefern, sitzen die Gäste dicht gedrängt, gespannt und geduldig den nächsten Gang erwartend im Gastraum. Aus Wachtel, Reh und Kalb kreierten die Vier ein Drei-Nationen-Menü – nicht nur ein Gaumen-, auch ein Augenschmaus. Als Ohrenschmaus gab‘s obendrein noch eine Trommeleinlage eines Musikers von der Elfenbeinküste.
Eingangs hatte die Darmstädter Stadträtin Iris Bachmann über das Spendenziel informiert. Sie vertrat Oberbürgermeister Jochen Partsch, der die Schirmherrschaft für die Veranstaltung „Drei Länder für Äthiopien“ übernommen hatte. Bereits fünf Schulen konnten durch das Engagement der „Spitzenköche für Afrika“, eine von Ralf Bos und Eckart Witzigmann 2008 gegründete Initiative, in den ärmsten Regionen Äthiopiens durch „Menschen für Menschen“ gebaut werden. Dem aktuellen Bau der sechsten Schule in Abdella, 500 Kilometer westlich von Addis Abeba, kommt das Geld des Charity-Dinners zugute. Die Summe von 6500 Euro gab Moderator Rainer Witt am Ende bekannt. 15 Sponsoren hatten sich eingeklinkt und etwa Wein oder den Verleih von Geschirr gespendet.
Während des exquisiten Essens konnte man sich jedoch von dem Gedanken an die Hungersnot in Äthiopien nicht ganz freimachen. Da halfen die eingespielten Worte des in Darmstadt geborenen Karl-Heinz Böhm über die Aktion: „Die selbst im Überfluss leben, sollen selbst genießen und dadurch andere genießen lassen.“
Auch Mike Süsser ging auf das Thema ein: „Wir, die wir in Saus und Braus leben, wollen mit der Aktion darauf hinweisen, dass wir eine Welt sind.“ Durch eine Wette des damaligen Oberbürgermeisters Walter Hoffmann anlässlich des dreißigjährigen Bestehens von „Menschen für Menschen“, dass jeder dritte Einwohner von Darmstadt einen Euro für die von Karl-Heinz Böhm gegründete Stiftung spenden würde, lernte Abate Abebe Sheferawe und Böhms Ehefrau Almaz kennen. Als Landsmann, der sich mit seinem eigenen Verein „Köche ohne Grenzen“ engagiert, setzte er alles daran, ein Event im Rahmen der „Spitzenköche für Afrika“ in Karl-Heinz Böhms Geburtsstadt auszurichten. Vor den Toren Darmstadts fand er den geeigneten Ort für das erste Charity-Dinner. „Volle Punktzahl“ vergab Mike Süsser, der versprach, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein: „Wir rocken noch mehr Häuser hier.“
Kochen für Äthiopien im Wackerfabrik-Ristorante. Abate Sheferawe, Mike Süsser, Salvatore Stabilito und Kevin Kohlhardt (von links) kreierten den 80 Gästen ein Fünf-Gänge-Drei-Länder-Menü. Foto: Karl-Heinz Bärtl